LITERATUR-CLUB-ARCHIV

OKTOBER 2024

Samstag 19. Oktober 17 Uhr - AUTORENLESUNG:

Bodo Dringenberg
liest aus seinem Roman "Kein Besonderer"

Die Romanbiografie "Kein Besonderer" von Bodo Dringenberg - Autor, Germanist und Politikwissenschaftler - erzählt "Geschichte von unten":

Der Melker Heinrich Börner, geb. 1919, war weder politisch aktiv noch Widerstandskäpfer oder Intellektueller. Er gehörte auch keiner in der Nazizeit verfolgten Gruppierungen an. Nach erzwungenem Reichsarbeitsdienst wurde er zu Kriegsbeginn in Hannover zur Wehrmacht eingezogen und 1940 wegen Fahnenflucht erschossen. Er wurde 21 Jahre alt.

Geschichte ist mehr als die Geschichte einzelner wichtiger Personen und jede Geschichte ist es wert, erzählt zu werden.

JULI 2024


Samstag 20. Juli, 17:00 Uhr
Ulrich Woelk: PFINGSTOPFER. Kriminalroman
Clubabend Literatur - Wir reden über Bücher

"Ein fesselnder, eindringlicher Roman über religiösen Fundamentalismus, die neueste Hirnforschung und zwei Menschen auf der Suche nach ihrer Wahrheit."

Die Teilnehmar kamen zu dem Ergebnis, dass zwar der Krimi-Plot nicht aufgehe, die im Rahmen dessen verhandelten Themen jedoch zum Teil gestochen scharf ausformuliert und relevant seien und der Grundcharakter in seiner Beziehungsnot als glaubwürdig erscheine.


MAI 2024

Lesung

Pfingstsamstag 18. Mai, 20:00 Uhr, 1,2h Min
BETTY STÜRMER: SZENEGIRL



Betty Stürmer hat als DJane und Künstlerin die wilden 80er und 90er Berlins aktiv mitgestaltet. Von der HdK-Berlin frustriert und gelangweilt, findet sie den lebendigen Ursprung der Dinge im Subground Berlins. Ihr 2018 erschienenes autobiographisches Buch "Szenegirl" refelektiert auf Nachtleben, die Grenzen der Klassenzugehörigkeit, Clubkultur und Demokratie im Wandel und Wechsel der Systeme. Berlin ist dabei gerade nicht die Welt, sondern wird kontrapunktiert und gebrochen durch Erfahrungen in Paris, Peru, Afrika und Jamaika. Das Buch ist in der 1. Aufl. vergriffen, in der 2. Auflage noch nicht im Vertrieb, aber hier in der Brennerei Cöthen erhältlich.


August 2023


Sam 26. August 19:30 Uhr, Autorenlesung: Szenische Lesung zu "Konfutse versteht nichts von Frauen", nachgelassene Texte von Margarete Steffin
Herausgeberin Inge Gellert zusammen mit der Sopranistin und Komponistin Margarete Huber

Inge Gellert widmete sich zusammen mit Magerete Huber in einer von freier Musik getragenen Lesung Margarete Steffin (1909-1941) der wenig bekannten Co-Autorin Brechts. Sinn und Wert ihres Daseins stellt Margarete Steffin radikal in Frage. Von deren Nichtung ausgehend findet sie einen neuen Anfang in der Aufforderung zur Suche nach dem passenden Umfeld für jedes Individuum.



Juni 2023


Sa 24. Juni 2023, 19:30 Uhr: Clubabend Literatur zum ROMAN UNTERLEUTEN von Juli Zeh.

Der Verlag selbst behauptet, es sei ein großer Gesellschaftsroman über die wichtigen Fragen unserer Zeit, der sich hochspannend wie ein Thriller lese. Die Veranstalter des Literatur-Clubs empfanden den Hipe um das Buch als irritierend, nahmen ihn aber aufgrund mehrfach geäußertem Interesse und des Diskussionspotentials in das Programm auf.

Gelobt wurde während des Clubabends die Komplexität der Darstellung, die Treffsicherheit der Formulierungen sowie der Mut, Unbequemes auszusprechen. Kritisiert hingegen wurde von anderer Seite die Opferung der plausiblen Entwicklung der Protagonisten zugunsten eines knallenden Plots, sowie deren "Behälter-Funktion" für Gedankengänge, die die geschaffenen Figuren nicht überzeugend aufzunehmen Imstande seien.
Inwieweit das Szenario und die Figuren als "typisch brandenburgerisch" oder vielmehr als "typisch menschlich" bezeichnet werden könnten, wurde in Frage gestellt und blieb offen. Ebenso standen sich die Auffassungen, dass der Roman die Bildung von Klischees eher unterstütze, als abbaue, sowie die Ansicht, er gebe gerade dem Brandenburger Anlass zur Selbstreflektion, ungeeint gegenüber. Insgesamt zeigte sich, dass die Wahrnehmung des ARD-Mehrteilers "Unterleuten" die Wahrnehmung des Romans "Unterleuten" überlagerte.



Mai 2023

Sam 27. Mai 2023 ab 19:30 Uhr las der freie Künstler Robert Weber parallel zur Ausstellung: Hurra! Wir leben noch! Gedichte des in der Prignitz aufgewachsenen Pathologen, Militärarztes in zwei Weltkriegen, Arztes für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Essayisten, Kunsttheoretikers und Dichters Gottfried Benn



2022

Oktober 2022



Samstag, 8.Oktober 2022, 20:00 Uhr: AUTOREN-LESUNG: ROLF CANTZEN und BODO DRINGENBERG, lasen aus Ihrem gemeinsamen Werk: Biere, Tiere, Anarchie - Jaroslav Hašek: mehr als Schwejk.

Zu Rolf Cantzen: Auf kulturjournalistischer Basis verfasst Rolf Cantzen in den Themenbereichen Sozialphilosophie und Literatur regelmäßig Kultursendungen für den Deutschland-Funk und den SWR. Als Schriftsteller hat er in verschiedenen Genres vom Krimi bis zur autobigoraphischen Aufarbeitung katholischen Internatslebens veröffentlicht. Typisch sind schwarzer Humor und kompromisslose Wendung.

Zu Bodo Dringenberg: Als studierter Politik-Wissenschaftler und Germanist widmet sich Dringenberg spätestens seit 2003 den verschiedensten Krimi-Varianten vom Kurzkrimi über die Erzählung zum Kriminalroman. Auffällig ist ein Faible für die Plazierung von Tatorten und Figuren in historischen, gut recherchierten Kontexten.

Zu Biere, Tiere, Anarchie - Jaroslav Hašek: mehr als Schwejk: Der Autor Jaroslav Hašek ist insbesondere bekannt durch seinen Roman "Der gute/brave Soldat Schwejk" mit dem er mittels der Einfachheit des Grundcharakters Schwejk Blödheit und Grausamkeit des Krieges und eines jeden anschaulichst entlarvt. Doch Hašek war vorallem auch selbst eine ungewöhnliche Kanaille, jenseits konventioneller Moralvorstellungen: Er fälschte Hundestammbäue, hatte eine auffällige Sprachbegabung, arbeitete für verschiedene politische Lager, wurde gleich 2x zum Tode verurteilt und trank viel. Die Biographie Hašeks von Dringenberg und Cantzen beleuchtet einen aufregenden Charakter, der bisher hinter seinem Werk im Verborgenen geblieben ist.






CLUBABEND LITERATUR

Am Samstag den 22. Oktober um 20:00 Uhr fand der erste Clubabend Literatur in der Brennerei Cöthen, Cöthen 66/67, 16259 Falkenberg statt.

Es ging um den Roman

KNOI

von

David Schalko

1. Aufl. erschienen 2015 im Aufbau-Verlag, Berlin; 2013 bei Jung und Jung, Salzburg und Wien.

Eingeladen war jede_r, der_die das Buch gelesen hatte, dabei war, es zu lesen oder zumindest davon gehört hatte und beabsichtigte, es zu lesen.
Der Klappentext behauptet, es sei ein urkomischer Roman.

Potentielle Hürden beim Lesen:

Auf folgende potentielle Knoi-spezifische Hürden wollen wir den:ie gutgewillte:n, unschuldige:n Leser:in hinweisen:

1. Tabulosigkeit:
Die zwar alltäglichen Figuren bewegen sich dennoch ausserhalb jeder konventionellen Moral. Das Erwartbare am Alltag wird so entgrenzt und durchweg fraglich. Das kann empören, man kann aber trotzdem erstmal weiterlesen.

2. Treibsand als Stilmittel: Die grundlegende Metapher des Autors, Individuen seien zwar scheinbar einzelne Inseln im Ozean, jedoch wie diese letztlich durch den Meeresgrund und das umgebende Meer verbunden, findet im Roman seine stilistische Umsetzung hin und wieder darin, dass ein Geschehen bei einer Person beginnt und dann ohne Nennung deren Namens auf eine andere Person über das gleichermaßen gültige Personalpronomen hinüber gelenkt wird. Das kann verwirren, man kann sich davon aber auch einfach mitnehmen lassen.

3. Vermischung von Fiktion und Realität: Selbstverständlich ist jeder Roman eine Fiktion, eine Erfindung, die den Leser aber nur insoweit interessiert, als er darin etwas Wahres findet. Schalko reflektiert in "KNOI" auf die "Gemachtheit der Geschichte und der Figuren", indem er den Figuren innerhalb einer Geschichte unterschiedliche Realitätsgrade zumisst: Ein Teil der Figuren werden im Verlauf des Romans ziemlich bald als Fiktionen enttarnt, als unfertige "Ersatzrollen", um Gedanken des Autors zum Vorschein zur bringen, die er für wichtig und erwähnenswert hält, die jedoch innerhalb der Hauptfiguren keinen Platz gefunden haben. Ein anderer Teil der Figuren wird aus der Realität hinaus geführt und mündet in einer Fiktion, die der mittlerweile anschaulich gewordenen Wirklichkeit der Figur viel mehr entspricht, als es die durch Tod und das Finanzamt begrenzte Realität es jemals könnte.
Die recht ungleichmäßige Verteilung der fiktionalen und realen Anteile der Figuren mag den Leser den Boden unter den Füßen oder den Halt hinter Buchstaben nehmen, verweist jedoch auch in ganz leichtfertiger Weise auf die Beschaffenheit des Individuums zwischen Traum und Wirklichkeit, Entwurf und Brandung.

4. Dopplungen und mehrfach Bennungen für Eins: Die Haupt-Figuren haben im Roman KNOI nicht nur weit in die Realität hineinragende Doppelrollen, die von ihnen nicht wirklich zu trennen sind, sondern auch noch mehrere Namen, die verschiedene Lebensabschnitte, Wünsche oder Ansichten der Personen spiegeln. Das ist zwar erstmal beim Lesen eine Zumutung - läßt aber auch die Einheit der Person deutlich als Illusion zu Tage treten. Der Leser wird so auch nicht unnötig mit dieser Illusion aufgehalten, sondern stellt gleich das Verhältnis der verschiedenen Persönlichkeits-Aspekte in den Mittelpunkt der Beobachtung.

FAZIT: Der Abend war recht gut besucht. Jedoch hatten nur 3 Pesonen das Buch wirklich gelesen. Die komplexe Struktur des Textes wurde ebenso gelobt wie getadelt. Der Roman KNOI hatte versucht, nicht nur eine Geschichte ohne Einheit der Handlung, sondern eine Geschichte ohne Einheit der Person zu schreiben. Vernichtend war vorallem das Urteil eines Gastes, der klar heraus bekannte, von diesem Autor ganz sicher kein weiteres Buch mehr zu lesen, trotz der Uneinheitlichkeit der Personen seien diese auch als uneinheitliche einfach zu uninteressant, um sich damit zu beschäftigen. Andere hielten diese Kritik für verfehlt. Schließlich ginge es im Roman KNOI um Liebe im medialen Zeitalter der schon 1000fach gesehenen und wiederholten Gesten. Es gehe eben um jedermanns und -fraus Identitätsmangel, der sich u.A. durch ein Zuviel vor der Glotze herausbilde und gerade nicht um Menschen, denen trotz Bilderüberschwemmung die Selbstbehauptung gelingt, sodass sie andere damit beeindrucken könnten, etwas Besonderes zu sein.
Für den nächsten Clubabend, einigte man sich auf einen einfacheren Text.