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KOSTEN UND NUTZEN: EINE FUTURISTISCHE VISION

Und? Wann rechnet sich das?


Statt einer detaillierten, zahlenmäßigen Aufstellung inklusive 5-Jahres-Plan stellen wir Ihnen hier eine etwas langfristigere Persepektive vor:

Wir schreiben das Jahr 2053. Der Kultkiosk-Cöthen feiert sein 30 jähriges Jubileum. Das Sortiment ist weitestgehend gleich geblieben. Doch wir werfen einen Blick in die sonstige Welt:

Die Zink-Luft-Batterie ist ausentwickelt und hat alle Lithiumbatterien seit nunmehr schon 20 Jahren ersetzt. Heizsysteme wurden auf Wasserstoff umgestellt, der Individualverkehr seit den 2040ern ganz eingestellt. Die Stromversorgung funktioniert dezentral. Jeder Ort oder Haushalt hat seine eigene Stromversorgung. Auch die Müllentsorgung ist dezentralisiert, jede:r ist unter Auflage exakter Regeln, deren Einhaltung einmal wöchentlich kontrolliert wird, für ihren:seinen Müll selbst verantwortlich. (Nach Einführung dieser neuen Regelungen im Jahr 2032 gab es im Laufe von 8 Jahren keine Produkte und Verpackungen mehr auf dem Markt, die sich nicht einfach und mit Gewinn voll recyceln lassen. Denn die Nachfrage danach war auf 0 gesunken.)

Auch die Telekommunikation hat sich verändert: Smartphones haben eine durchschnittliche Haltbarkeit von 100 Jahren und sind, wie wir aus dem voran Gesagten schon wissen, voll recycelbar. Ihre Nutzung beschränkt sich auf wichtige Kommunikationszwecke, im Beisein anderer ist sie verpönt. Die in den 2020ern noch häufige Erscheinungsform des sogenannten „SmartSmogSogs“ wird in kulturwissenschaftlichen Debatten mittlerweile als Symptom der Vereinsamung, Versagensangst vor den Anforderungen der damaligen Gegenwart, Entkörperung und verzweifelter Abkapslung von allem Gemeinsamen, insbesondere der gemeinsam bewohnten, körperlichen Welt gedeutet, die in dieser Zeit, hässlich und aufgequollen von Untergangsillusionen in einer dunklen Ecke lag und stöhnte.

Die Menschen plauschen also wieder in den Zügen, stellen sich einander freundlich vor und erkundigen sich nach Arbeit und Familie und teilen ihr Essen. Sie strecken die Beine aus und haben genug Platz für Leib, Gedanken und Wünsche.

Dazu trägt unter anderem bei, dass das Bevölkerungswachstum durch einen seit Mitte der 2030er Jahre klaren Bildungsanstieg in allen Teilen der Welt deutlich rückgängig ist. Der Begriff der Herkunft spielt auch keine entschiedene Rolle mehr, seit in den 2030 Jahren weltweit in allen Schulen das Fach „Unsere Wurzeln? Jetzt aber richtig!“ eingeführt wurde.

Zudem ist durch die Einführung eines dritten Geschlechts seit den 1980ern sowie die gleichverteilte Beteiligung der Väter an der Entwicklung der Kinder seit den 1990ern der Pespektivwechsel zwischen weiblich und männlich, die Durchlässigkeit der Positionen mittlerweile so verstärkt und auch die klassische, zu asozialen Leistungen und Ego-Zentrik antreibende Anerkennungslücke der Subjekte einer bis in die 1970er hinein weltweit üblichen „Vaterlosen Gesellschaft“ derart ausgeglichen, dass es keine bewaffneten Konflikte mehr auf der Welt gibt.

Die Pornoindustrie hat seit März 2038 aufgegeben. Sie fand, aus verschiedenen Gründen, die wir hier nicht im Detail ausführen können, einfach keinen Absatzmarkt mehr. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit eines Menschen liegt bei 21h, gesellige Begegnungen sind häufig. Die Maschine hat sich, zum Teil überraschend, aus vielen Arbeitsbereichen wieder ganz zurück gezogen. Kaffee wird grundsätzlich nur noch von Hand gebrüht. Immer noch voll in Mode ist der leise, meditative Sense-Schritt beim Heumähen.

Der Tod eines jeden Menschen hat einen Namen erhalten und jeder Mensch spricht mit ihm. Niemand will ihn mehr loswerden. Er wird auch nicht mehr ausgeschlossen. Verstorbene werden 3 Tage zu hause aufgebahrt. Lachen und Weinen auf offener Straße ist üblich; in den Arm genommen werden auch. Gefühle sind kein Gegenstand mehr von Scham und Schuld. Vieles ist ganz einfach.

Wir atmen aus, wir atmen ein. Ein Vogel singt. Es ist der 29. April 2053.